Dieser Beitrag ist für alle, die sich noch ein bisschen für meine Erfahrungen mit der israelischen Eisenbahn interessieren. Achtung: Nerdkram!
Die Rav-Kav
Unsere Eisenbahnreise in Israel fand am dritten Tag unserer Delegationsreise statt. Der Eintritt in die Eisenbahnwelt in Israel ist schon besonders: Um in den Bahnhof zu gelangen muss zunächst eine Sicherheitsschleuse durchgangen werden und das Gepäck durchleutet sein. Wir erhielten dann jeder eine grüne Karte im Scheckkartenformat, die mit RFID, einem Sicherheitschip und einem Magnetstreifen ausgestattet ist. Diese als Rav-Kav-Karte bezeichnete Karte ist ein digitales Ticket. Diese wird an Ticketautomaten, Servicepunkten oder Online aufgeladen. Sie gibt es anonymisiert und personalisiert.
Die Karte wird mit einer Art Guthaben (nicht in Geld sondern in Fahrten) aufgeladen, oder als Zeittickets für bestimmte Gebiete aktiviert.
Besonders ist, dass diese Karte als Fahrkarte für eigentlich jeden ÖPNV in Israel genutzt werden kann.
Fuhrpark
Wir fuhren mit einem Desiro HC auf der HGV-Strecke von Tel Aviv HaShalom nach Jerusalem Yitzhak Navon. Mir fiel direkt schon am Bahnsteig auf, wie „deutsch“ die Eisenbahn in Israel wirkt. Mir fielen direkt die in Bautzen gefertigten roten Dostos und ihre Steuerwagen (wie bei DB Regio oder Metronom eingesetzt) auf, die entweder von einer Bombardier Traxx 3 (bei uns BR 147, eingesetzt bei DB Regio und DB Fernverkehr) aus Berlin/Hennigsdorf gezogen oder geschoben werden. Alternativ kommen verschiedene Diesellokomotiven, etwa von Alstom in Spanien gefertigt, zum Einsatz.
Leider hab ich gar kein Bild von dem Desiro HC gemacht. Fand ich wohl zu langweilig 😂.
Die Dieselloks machen einen recht betagten Eindruck, der zumindest mich aber täuschte. Die Lokomotiven sind keine 25 Jahre alt und insbesondere die Euro 4000 sogar recht modern.
Wer sich den Dosto-Steuerwagen anschaut, dem wird auffallen, dass dieser sich stark von unseren Steuerwagen unterscheidet: Man kann als Fahrgast nicht an der Zugspitze einsteigen, wie das bei uns der Fall ist. Der Grund: Im Steuerwagen versteckt sich ein Maschinenraum mit 2 oder 4 großen Dieselmotoren, die jedoch nicht als Antrieb fungieren, sondern schlicht als Generator. Die Steuerwagen fungieren als Generatorwagen, die mittels Diesels elektrische Energie erzeugen, die insbesondere von den Klimaanlagen (da haben wir sie wieder 🤣) im Zug in Kälte umgewandelt wird. Die Klimaanlagen haben in Israel durch die hohen Anforderungen einen hohen Energieverbrauch, sodass die von den Loks erzeugte oder aus der Oberleitung weitergegebene Energie nicht ausreicht, um die Klimaanlagen mit Energie zu versorgen. Mich persönlich hat das erstaunt, und ich frage mich noch heute, warum auch bei einer elektrifizierten Bahn, die Klimaanlagen durch Diesel betrieben werden müssen. Hat das systemtechnische, interoperatibilitätsbezogene Gründe, oder kann auch eine Traxx 3 nicht genug Energie weitergeben? Wer das weiß, schreibt es bitte Mal in die Kommentare!
Infrastruktur
Zum Thema Eisenbahninfrastruktur zeige ich zur Einführung ein Bild:
Hier sieht man die Ausfahrtssignale des Bahnhofs Tel Aviv HaShalom in Richtung Süden. Auch hier sieht man den stark deutschen Einfluss auf die Israelische Bahn. Das Signalsystem ist in etwa gleichzusetzen, mit einem Mix aus unserem H/V-System mit dem Ks-Signalsystem. Man sieht die Hauptsignale mit den Signalbegriffen Fahrt oder Halt (bei uns Hp1/Ks1 oder Hp0) mit dem darunterliegenden Vorsignalschirm, welches hier Halt erwarten anzeigt und auch wie bei uns mit einer Kennleuchte auf einen verkürzten Bremsabstand aufmerksam macht (wie ich vermute).
Neben dem Signalsystem an sich fiel mir auch das Zugbeeinflussungs- bzw. steuerungssystem direkt auf. Wer von euch hat auch die ETCS-Halttafel (bei uns Ne14) erkannt? Tatsächlich ist Israel flächendeckend mit ETCS (das Level konnte ich nicht herausfinden. Je nach Quelle 1 oder 2 (eventuell auch sowas wie „SG“?) Wer es weiß –> Kommentar!) ausgestattet. Die Eurobalisen fallen oft auf der Fahrt auf. ETCS, kurz für European Train Control System, ist ein ursprünglich in Europa (insbesondere Deutschland) entwickeltes modernes Zugbeeinflussungssystem, welches jedoch weltweit zum Einsatz kommt und stetig weiterentwickelt wird. Dass Israel hier nicht auf eine lokale Sonderlösung setzte, sondern das international gesehen modernst und interoperabelste System ETCS einsetzte freut mich tatsächlich sehr.
Aber wenn das alles so deutsch ist… Gibt es nicht Dinge, die an der Israelischen Bahn besonders sind? Klar! In Israel fährt man auf der Schiene links! Auch stehen die Signale links vom Gleis, wie ihr euch vom Bild der Ausfahrsignale schon denken konntet. Außerdem, wie nachfolgend zu sehen, hat die Israelische Bahn eine hohe Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit!
Das wars mit meinem Israelblog! Ich hoffe er hat euch erleuchtet und gefallen!